Ohne Boden können wir nicht leben. Unser Verhältnis zur Erde ist erschüttert und wir brauchen dringend neue Bilder und Erzählungen, um dies zu ändern. Während einer zweiwöchigen Summer School im Juli 2024 haben sich Studierende, Dozierende und Alumni:ae der F+F Schule für Kunst und Design, Zürich gemeinsam mit der Kuratorin Annette Amberg und mit internationalen Gäst:innen mit der Ausbeutung, der Zerstörung und dem Erhalt dieser Ressource auseinandergesetzt.

Im Wald, im Garten, im Gewächshaus, im Ausstellungsraum und im Kino wurden transdisziplinäre künstlerische und wissenschaftliche Methoden und Formate vermittelt und diskutiert, die kritische Zugänge und neue Narrative entwickeln. Aus diesen Begegnungen entstanden eigenständige künstlerische Arbeiten von 14 Kunstschaffenden.

Gäst:innen der Summer School

Anouk Tschanz

studierte an der École cantonale d’art de Lausanne (ECAL), der Universität der Künste (UdK) Berlin und an der Glasgow School of Art. Sie lebt und arbeitet in Zürich. Ihre letzten Einzelausstellungen wurden bei Coalmine, Winterthur (2021), und LONGTANG, Zürich (2020), gezeigt. Parallel zu ihrer Einzelausstellung Actinism bei Camera Austria in Graz erschien das gleichnamige Künstlerinnenbuch bei Jungle Books, St. Gallen.

Egija Inzule (Neringa Forest Architecture) & Waldlabor Zürich (Martin Brüllhardt)

Egija Inzule ist Kuratorin und Direktorin des NAC (Nida Art Colony), einer Abteilung der Vilnius Academy of Arts in Nida, Litauen. Unter Berücksichtigung des hybriden Charakters der NAC, einem Ort für Kunstausbildung und -forschung, Künstler:innenresidenzen, Ausstellungen, Auftragsarbeiten und Veranstaltungen, arbeitet Egija Inzule daran, langfristige Produktionen zu initiieren, die sich mit den historischen, geopolitischen und soziopolitischen Verflechtungen der Kurischen Nehrung befassen, wobei der Schwerpunkt auf der Rolle der NAC in diesem Kontext liegt. Vor der NAC hat Inzule als Kuratorin in den Teams von castillo/corrales, Paris, Istituto Svizzero di Roma und Shedhalle, Zürich, gearbeitet. Derzeit lebt sie in Zürich, Riga und Nida.

Das Waldlabor Zürich ist ein auf 100 Jahre ausgerichteter erlebnisorientierter Bildungs- und Forschungsort, es ist das erste Waldlabor der Schweiz. Im Zentrum steht der vom Menschen beeinflusste Wald, der "Kulturwald" mit verschiedenen Formen der Waldpflege und –bewirtschaftung, der Leistungen der Waldeigentümer und der Bedeutung der Waldleistungen für die Gesellschaft, dies stets im Zeichen der Nachhaltigkeit.

Mehdi Sahebi

wurde im Iran geboren und kam im Alter von zwanzig Jahren in die Schweiz. Er studierte Ethnologie mit Schwerpunkt visuelle Anthropologie, Geschichte und Völkerrecht an der Universität Zürich. Seine Dokumentarfilme Zeit des Abschieds (2006) und MIRR (2016) wurden auf zahlreichen internationalen Filmfestivals aufgeführt und ausgezeichnet. Sein neuester Film Prisoners of Fate (2023) wurde u.a. für den Schweizer Filmpreis nominiert. Sahebi arbeitet als Regisseur, Kameramann, Cutter und Dozent für Dokumentarfilm.

SAE Greenhouse Art-Lab/ ETH Zürich & ALIMENTO

Kenza Benabderrazik, Dozentin und Forscherin in der Gruppe für nachhaltige Agrarökosysteme an der ETH Zürich. In ihrer Forschungstätigkeit konzentriert sie sich auf die Zusammenhänge innerhalb sozio-ökologischer Systeme und die Resilienz von Nahrungsmittelsystemen. Neben ihrer Lehrtätigkeit zu Agrarökologie und nachhaltigen Agrarökosystemen koordiniert Kenza Kunst-Wissenschaftsprojekte, um den Dialog zwischen Künstler:innen, Wissenschaftler:innen und verschiedenen Akteuren des Ernährungssystems zu fördern.

ALIMENTO ist eine von Adriana Domínguez (la_cápsula, Zürich) kuratierte Ausstellungsreihe, mit Beteiligung von Paloma Ayala, Tara Lasrado (Arvae) u.a. Sie untersucht den Akt der Ernährung durch das Thema Anthropophagie, um Nahrungsmittelsysteme zu erforschen, die auf Reziprozität/Zirkularität mit der Erde, anderen Menschen und nichtmenschlichen Wesenheiten basieren, und um extraktivistische, patriarchalische, kapitalistische und koloniale Systeme herauszufordern. Anthropophagie (der Akt des Verzehrs von menschlichem Fleisch) wird in dieser Ausstellung untersucht sowohl im biologischen als auch im metaphorischen Sinne, mit der Absicht, das Verhältnis des Menschen zur Nahrung und damit zur Erde zu untersuchen. Als Element ist die Erde – der Boden– die ultimative Nahrungsquelle für die meisten Lebewesen auf diesem Planeten. Seit Jahrhunderten betrachtet das westliche Denken die Erde jedoch als eine Ressource, die vom Menschen „genutzt“ werden kann, und nicht als eine Einheit, mit der eine wechselwirkende Beziehung geübt werden muss. Die Ausstellung entsteht in Zusammenarbeit mit dem SAE Greenhouse Lab der Gruppe Sustainable Agroecosystems an der ETH und Arvae.

Magali Daniaux und Cédric Pigot

kultivieren in ihrer künstlerischen Arbeit die Vorstellungskraft und bieten reale und fiktive Erzählungen von Kontinuität als eine Möglichkeit, mit Geschichten vom Aussterben fertig zu werden. Sie arbeiten sowohl mit Ton als auch mit Pixeln und interessieren sich für die Auswirkungen des Klimawandels mit seinen kulturellen, sozioökonomischen und strategischen Hintergründen ebenso wie für die naturnahen Praktiken der Vorfahren oder die neuesten Avatare der Technologie. An der Schnittstelle zwischen dem Organischen und dem Digitalen kann ihre zusammengesetzte Kunst auch die Form von Skulpturen, Installationen, Zeichnungen, Collagen, Performances oder poetischen und literarischen Texten, ja sogar Science-Fiction-Erzählungen annehmen.

Pauline Julier

hat in Grenoble und Paris politische Wissenschaften studiert sowie in Arles ihre Ausbildung als Fotografin abgeschlossen. Ihre multimedialen Werke in der Ausstellung „A Single Universe“ im Aargauer Kunsthaus führen durch die geologischen Zeitalter der Erde und ins Weltall. An der Schnittstelle von Dokumentation und Fiktion nimmt Julier uns mit auf eine schwindelerregende Reise durch Raum und Zeit. Dabei verschränkt sie unterschiedliche Geschichten und vermischt Naturkatastrophen mit den Paradigmenwechseln des Anthropozäns. In Vergangenheit und Zukunft blickend, behandelt sie hochaktuelle Fragen nach der unbeschränkten Nutzung von Bodenschätzen, der Realitätsflucht und der Kolonisierung des Weltraums.

Lena Maria Thüring

lebt und arbeitet in Zürich und Basel. Thüring schloss 2007 ein Studium der Fotografie und im 2014 den Master of Arts in Fine Arts an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) ab. Von 2014 bis 2017 war sie Jurymitglied des Fachausschusses Audiovision und Multimedia, BS/BL, Basel. Sie unterrichtet am Institut Art Gender Nature an der Hochschule für Gestaltung und Kunst FHNW Basel. Lena Maria Thürings Arbeiten wurden in zahlreichen Einzel- und Gruppenausstellungen in Schweizer und internationalen Museen und Institutionen gezeigt, darunter in Einzelausstellungen im Kunsthaus Baselland, dem Museum für Gegenwartskunst Basel, dem Kunstmuseum im PROGR Bern, Gruppenausstellungen und Screenings in der Kunsthalle Basel, im Haus der Kulturen Berlin, im Nationalmuseum Reina Sofia in Madrid und im Palais de Tokyo in Paris.